Naters VS (© M. Volken)

Blatten b. Naters VS (© M. Volken)

Das Oberwallis im Wandel: Im Spannungsfeld zwischen Tradition und Internationalisierung

Das Oberwallis erlebt derzeit ein starkes Wirtschaftswachstum und damit verbunden auch eine aussergewöhnliche Zuwanderung. Wie können die Weichen so gestellt werden, dass sich die Region im Sinne der Bevölkerung entwickelt? Wie sieht das Oberwallis von morgen aus?

Menschen aus 119 Nationen leben heute im Oberwallis. Allein im Jahr 2021 sind mehr als 6500 Personen in die (noch) ländliche Region gezogen. Die Entwicklung des Oberwallis wird zusätzlich von globalen Trends wie der steigenden Tendenz zur Urbanisierung, neuen Familien- und Lebensmodelle sowie einer Transformation der Arbeitswelt durch die Digitalisierung beeinflusst. Umso dringender stellt sich die Frage: Wie können Traditionen erhalten und gleichzeitig Raum für Neues geschaffen werden? Im Auftrag des Vereins Region Oberwallis entwickelte das Regions- und Wirtschaftszentrum Oberwallis (RWO) eine Vision für die traditionell geprägte, sich aber schnell verändernde Region. Das RWO definierte dafür einen mehrstufigen Prozess, an dessen Ende ein von der Bevölkerung mitentwickeltes und mitgetragenes Zukunftsbild für das Oberwallis stand. Denn der Wandel in der Region ist enorm. Was wünschen sich die Menschen, die heute in der Region leben, und was fehlt ihnen? Was schätzen sie am Leben im Oberwallis und worüber machen sie sich Sorgen?

Von Ringkuhkämpfen und Sushi-Lieferungen

Starke Traditionen und familiär geprägte Strukturen bilden noch heute die Basis des gesellschaftlichen Lebens im Oberwallis. Gleichzeitig verändert sich die Region durch die Zuwanderung rapide. Wie sieht das Oberwallis von morgen aus? Menschen aus 62 von insgesamt 63 Gemeinden nahmen an einer gross angelegten Umfrage teil. Die Ergebnisse zeigten eindrucksvoll, in welchem Spannungsfeld sich das Oberwallis befindet. Da ist auf der einen Seite ein neues Selbstbild: Die Mehrheit der Bevölkerung sieht die Region nicht (mehr) primär als Tourismusregion oder als Region, in der Brauchtum und Traditionen das gesellschaftliche Leben bestimmen. Die Menschen wollen ein moderneres Oberwallis mit Angeboten, die heute vor allem im urbanen Kontext bestehen. Auf der anderen Seite halten sie an der Bedeutung des gesellschaftlichen Zusammenhalts fest. Man will auch in Zukunft eine starke Gemeinschaft sein und setzt bei der Bewältigung des aktuellen Wandels auf Zusammenarbeit.

Die richtigen Impulse setzen

Wie kann diesen Wünschen Rechnung getragen werden? Wo gilt es Bestehendes zu stärken und in welchen Bereichen müssen Änderungen vorangetrieben werden? Ausgehend von den Umfrageergebnisse identifizierte eine Impulsgruppe bestehend aus Fachpersonen, Schüler:innen, Politiker:innen und interessierten Bürger:innen die wichtigsten Handlungsfelder für die Zukunft des Oberwallis. Leitmotiv dabei war der Wunsch nach einem offenen Oberwallis und zugleich nach einem stärkeren Miteinander – auch und besonders über Sprachgrenzen hinweg. Man möchte auch in dieser Wachstumsphase gemeinsam und proaktiv die Region gestalten und die eigene Identität auch in Zukunft stärken. Die über Generationen vererbte Selbstverständlichkeit, sich (oft auch unentgeltlich) für die Gemeinschaft einzusetzen, gehört bis heute zur DNA der Oberwalliser:innen.

Kurzfristige Herausforderungen und langfristige Weichenstellung

Während des gesamten Partizipationsprozesses wurden die Handlungsfelder für das Oberwallis immer deutlicher. Einerseits waren da die bereits deutlich spürbaren Herausforderungen, denen auch viele andere Regionen in der Schweiz derzeit begegnen: Die Bevölkerung sorgt sich um die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung und die Bewältigung des Fachkräftemangels. Der dringende Handlungsbedarf in diesen Bereichen wurde erkannt, erste Massnahmen sind eingeleitet. Längerfristig aber braucht das Oberwallis vor allem Kooperation, Synergien und Innovation. Die Bevölkerung will mehr Zusammenarbeit - zwischen Wirtschaft und Hochschulen, gemeindeübergreifend, im Tourismus, aber auch mit dem französischsprachigen Wallis. Mit Blick auf die Zukunft der Bildung setzt man auf Digital- und Sprachkompetenz und auf praxisnahen Unterricht.

Den dringendsten Handlungsbedarf aber sehen auch die Menschen im Oberwallis im Umgang mit der Klimaerwärmung und ihren Auswirkungen. Sowohl die Energieautarkie als auch die Kreislaufwirtschaft haben sich als Handlungsfelder herauskristallisiert. Damit verbunden ist ebenso die Zukunft der Bergdörfer, welche der Bevölkerung sehr wichtig ist. Wie andere Gegenden auch erlebt die Region eine zunehmende Urbanisierung. Die Menschen wünschen sich eine positive Entwicklung der Bergdörfer, in der nicht Polarisierung, sondern Solidarität und ein echtes Miteinander vorhanden ist – ein zentrales Element für das Zukunftsbild Oberwallis.

Als strategische Impulsgeberin und Entwicklerin der Region setzt sich das Regions- und Wirtschaftszentrum Oberwallis für einen attraktiven Wirtschafts- und Lebensraum Oberwallis ein. Ziele sind die Bündelung von regionalen Interessen, die Ausschöpfung von Potenzialen und die Steigerung der Wertschöpfung in der Region. Das RWO unterstützt im Auftrag der Gemeinden, des Kantons und der Wirtschaft Innovationen, initiiert Kooperationen und fördert den Wissenstransfer.

Das «Zukunftsbild Oberwallis» – erarbeitet vom RWO im Auftrag des Vereins Region Oberwallis - wurde im Frühjahr 2023 finalisiert und der Öffentlichkeit präsentiert. Es soll interessierten Akteur:innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft als Orientierung und Inspiration für eigene Strategieprozesse dienen. Der Prozess und die Aufbereitung der Resultate wurden so aufgesetzt, dass jede:r Interessierte in der Region die Erkenntnisse als Leitlinien für die eigene strategische Arbeit nutzen kann.

Alle Informationen, Erkenntnisse und Resultate zur Erarbeitung des Zukunftsbilds sind auf folgender Webseite zu finden: www.zukunftsbild-oberwallis.ch.